Montag, 21. Februar 2011

Nichtspiegelnd

Fester Grauglanz.
Fern wirkt die Sonne.
Feuer verblasst.

Wolkig wirkt die Fläche.
Wächsern spiegelt der See.
Knistern auf Wegen.

Blau liegt die Weite.
Blassblauer Himmel.
Brennende Wangen.

Wogende Gedanken.
Flirrende Gegenwart.
Fröstelnde Ferne.

Knisternder Frost.
Wohlige Wärme.
Wachsame Träume.

Frischer Morgen.
Freudiges Fließen.
Feuer erwacht.

©miro

Freitag, 18. Februar 2011

Taubenmahl



Es war ein grauer Tag als ich den Innenhof betrat. - Kalt war es. - Ich störte ihn wohl bei der Mahlzeit. - Er wartete zwar,
bis ich meine Kamera aus dem Rucksack
gekramt hatte; doch nur ein Bild war erlaubt.
- Menschen haben keine Manieren!
- Ich wurde mit einem zornig wilden Blick bedacht. Gerade hatte er die Taube geschlagen, und nun das!
- Er mochte nicht fotografiert werden.
Mit seiner Beute erhob er sich in die Luft und flog zu einem Baum auf dem Nachbargrundstück.
- Menschen!

©miro




Sonntag, 13. Februar 2011

Eine schöne Frau

Seine Seele hatte sich totgebrannt.
Nur der Körper erinnerte ihn an das Leben.
- Und so saß er in dieser Bahn,
die ein wenig Wärme spendete.
- Ganz geduckt, fast in sich hineingekrochen,
saß er auf einem Seitensitz dicht neben der Tür.
- Er wußte um den Ekel und das Befremden,
welches er auslöste durch seinen Geruch,
das Entwurzelte das ihn umgab und seine Natur
geworden war.
- Das Wegschauen der Menschen war ihm
vertraut, und er wollte auch nicht gesehen
werden. - Es gab auch nichts mehr zu sehen
für ihn. - Er war wie ein Tier, das sich in der
Menschenwüste vom Tod überraschen lassen
will.
Er zitterte. - Sein Körper revoltierte und drängte
die Nahrung hoch. - Dagegen wehrte er sich,
hielt einen Papierfetzen vor den Mund.
- Doch die Blöße des Erbrochenen konnte
er nicht bedecken; sie war zu groß;
fiel einfach aus ihm heraus.
In scharrenden Bewegungen versuchte
er die Essenreste wegzukratzen.
- Und dann sah er diese Hand; eine Hand,
die Papiertaschentücher anbot.
- Eine schöne Hand, eine Frauenhand.
Ein fassungsloser Blick hob sich und sah
eine wunderschöne Frau, die ihm zunickte.
- Automatisch griffen seine Hände nach den
Papiertüchern.
- So selbstverständlich, so ganz ohne Bedingung
gab sie ihm mehr, als nur das Notwendigste...
"Danke! Ganz herzlichen Dank!"
stammelten seine Lippen.
- Eine wunderschöne Frau...

©miro

Samstag, 12. Februar 2011

Der Fuchs am Borsigtor

Aus den hell erleuchteten Markthallen drängte es mich nach draußen. Eine dunstige Dunkelheit schlug mir entgegen. Es dauerte eine Weile, bis sich die Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten. Ich überquerte einen kleinen Platz zwischen den aufragenden Häusermauern. - "Noch eine Straße, und es ist gleich geschafft." - Doch dann fiel mir ein Schatten auf; ein Schatten, der sich anders bewegte... - Eine weiße Schwanzspitze leuchtete. - "Nein, ich bin kein Hund!" lachte es mir entgegen. - Ein Fuchs war wie aus dem Nichts aufgetaucht und schaute mich mit wissenden Augen an.- "Na, auch wieder in Tegel-Reinickendorf?" schien er zu fragen. - "Entschuldige, ich muß auf "Hund" machen. Du weißt ja, die Passanten!" - An einem Baum, dem man hier im Verbundpflaster einen Platz zugewiesen hatte, hob er rasch das Bein. - Auf der gegenüberliegenden Straßenseite führte ein "Herrchen" seinen Hund Gassi. - Wir blieben unbeachtet. - "Du bist schon richtig!" meinte der Fuchs. - "Laß es Dir gutgehen!" - Wie ein Schemen huschte er über die Straße hinter den steinernen Wächtern des Borsigtores vorbei tauchte er, nur von mir beobachtet, in die Dunkelheit. - "Uns gab es schon vor Borsig!" raunte es in meinem Kopf. "Willkommen in Tegel!"...


©miro

"Das Tor wurde 1898 nach Plänen der Architekten Reimer und Körte erbaut. Zwei Torwächter (Schmied und Eisengießer) bewachen die Durchfahrt.
An einem ehemaligen Verwaltungsgebäude neben der Toreinfahrt erinnert eine Gedenktafel an die Widerstandsgruppe Mannhart mit folgendem Text.
„Dem Gedenken an die Widerstandgruppe Mannhart bei Rheinmetall Borsig. 1941 bis 1943 kämpften Deutsche Männer unf Frauen in Wort, Schrift und Tat gegen die nationalsozialistische Zwangsherrschaft. Vier von Ihnen wurden am 25. September 1944 hingerichtet, andere verbüßten Zuchthausstrafen.“ (aus:www.berliner-stadtplan.com/)

Ich möchte mich Dir nicht zumuten.

Etwas monsterhaftes hat sich ins Leben geschlichen. - Es ist nicht zu verstehen. - Viele sind ja ohne Arbeit. - Wir können das Zimmer verlassen... Ist es denn Unrecht, wenn der Staat prüft, ob Leistungen zu Recht bezogen werden? - Ist es Unrecht, wenn Guthaben, welches den Unterhalt sichern kann, erst "abgeschmolzen", also verbraucht wird? - Wer braucht schon einen zweiten Frühling im Alter?... - Und es gibt ja Arbeit; man muß sie nur finden. - Und der Staat unterstützt ja... - Wir sind nicht allein. - Es gibt reelle Chancen. - Diese Eingliederungsvereinbarung ist doch richtig. - Und man kann sich ehrenamtlich engagieren. - Nein, ausgeschlossen ist man nicht. - Gut, Luxus wird entfernt und verwertet. - Und so soll es ja auch sein: Geben und Nehmen; Fördern und Fordern... Doch weshalb ziehen sich manche Bewerbungen wie Chitin über die Haut? - Warum gibt es diese seltsamen Träume?
Ein etwas klammert sich an ein Bild, an Musik... - Doch unausgesprochen greift ein Vorwurf mit scharfer Klaue nach Halt. - Facettenaugen sezieren die Ängste der Nacht... Suchen nach dem liebevollen Blick... - Fremde Entrüstung macht sich breit... Nein, ich möchte mich Dir nicht zumuten... - Ich denke zu oft an Kafka...

©miro

Sonntag, 6. Februar 2011

Machtparasiten

Dornengewohnt dienen
devote Diener
gottgewollter geiler
Grausamkeit.
Frenetische Frechheit
füllt Fanatismus.
Geadelte Gier geifert
Gift.
Macht mischt mahlenden
Missbrauch.
Streut seelenlose Saat
in lodernde Dürre
und trockenen Frost.
Tränenlos weint
die Erde um ihre Krone;
und gebiert dem Hunger
Spreu
und leere Frucht.

©miro

Mittwoch, 2. Februar 2011

"Weiß wie Schnee, rot wie Blut..."

Festgefroren lagen die Dampfer an den Landungsstegen.

Der sonnige Wintertag hatte viele Spaziergänger hervorgelockt,
die nun die Allee der Uferpromenade des Sees bevölkerten.

An der Uferböschung hatte sich, um eine Platane herum, eine größere Menschengruppe versammelt, und schaute gebannt auf ein
Schauspiel besonderer Art.

- Direkt unter diesem Baum lag ein Bündel aus Fleisch und Federn,
an welchem sich ein Habicht gütlich tat.

- Er hatte eine Taube geschlagen, und hockte nun festgekrallt
über der Beute, während sein Schnabel hungrig in die Masse aus
Fleisch und Federn fuhr.
Rundum bedeckten kleine, blutige Federn den Schnee
und erzeugten einen eigenartigen Kontrast
zu dem glitzernd starren Weiß.

- Der Habicht störte sich kaum an den Menschen um ihn herum.
Immer wieder stieß sein Schnabel in den erbeuteten Vogel.
Nur ab und zu hob er den Kopf und blickte aus wilden,
leuchtenden Augen in das Menschenrund
welches seiner Mahlzeit beiwohnte.

- Erst als ein Hund kläffend herandrängte,
erhob er sich mit schwerem Flügelschlag
und war bald nur noch ein Schatten
über der zugefrorenen Fläche des Sees.

- Und wie eine verlassene Feuerstelle blieben
die Überreste der Taube im Schnee zurück.

©miro