Samstag, 10. März 2007

Der kleine und der große Kuss

Es war einmal ein kleiner und ein großer Kuss.
Das waren Geschwister. Sie sahen sich sehr ähnlich.
Der kleine Kuss war ein lustiger, lieber, stürmischer Geselle.
Er war fast überall zu finden, wo es ein fröhliches Lachen gab,
wo gekichert wurde, wo es herzlich und spontan zuging.
Wie ein Schmetterling flatterte er hin und her
und setzte sich auf Münder, Wangen und Nasenspitzen -
ja selbst auf Gegenstände. Besonders liebte er die Kinder.
Dort war er so gut, wie immer zu finden.
Im Gegensatz zu seinem großen Bruder war er hell
und direkt und
oft auch etwas schelmisch.
Der große Kuss war dunkler,
nachdenklich und geheimnisvoll.
Er agierte nicht so unbefangen in der Öffentlichkeit.
Er war dort anzutreffen, wo etwas beschlossen wurde,
wo es um Großes ging. Und dort, wo es Geheimnisse gab.
Er war tiefgründig, leidenschaftlich
und auch einmal schwermütig.
Wenn er wollte, konnte er aufwühlen, verzaubern,
elektrisieren und in Ekstase treiben.
Er kannte die großen Geheimnisse der Menschen.
Nichts war ihm fremd oder verborgen.
Himmel und Hölle kannte er und tiefes Wissen lag auf seinen Zügen.
Er verfügte über ungeahnte Macht.
Doch wie konnte ein so ungleiches Bruderpaar so verbunden sein? -
So ohne Zwietracht, ohne Neid und Hader. -
Sehr einfach, sie teilten das Wesen ihrer Mutter
und sahen im anderen den Abglanz ihrer Existenz -
Liebe!
In höchsten Höhen und tiefsten Tiefen waren sie in Liebe verbunden.

©miro

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Thank you for sharing this wonderful poem !!!
From Helle - Denmark